Wann darf ein Detektiv ermitteln?

„Wir übernehmen jeden Fall!“ lautet das Mot­to der drei Juniorde­tek­tive Jus­tus, Peter und Bob von den drei Frageze­ichen. Diesen Satz wird man in der pro­fes­sionellen Detek­tivbranche lei­der so nicht zu hören bekom­men, denn „jeden Fall“ dür­fen sie aus rechtlichen Grün­den keineswegs übernehmen.

Grund­sät­zlich beste­ht bei ein­er Ermit­tlung das daten­schutzrechtliche Prob­lem, dass unfrei­willig Dat­en beim Betrof­fe­nen erhoben wer­den und diese Dat­en auch ohne Infor­ma­tion des Betrof­fe­nen weit­ergegeben wer­den (DSGVO Art. 14). Darüber hin­aus kann ein Betrof­fen­er keinen Wider­spruch ein­le­gen (DSGVO Art. 21 Absatz 1), schon deshalb nicht, weil der Betrof­fene gar nicht weiß, dass eine Detek­tei einge­set­zt wurde. Die Betrof­fe­nen­rechte wer­den also durch eine Ermit­tlung eingeschränkt (DSGVO Art. 17) und ohne einen bedeu­ten­den Grund dür­fen diese Rechte auf keinen Fall eingeschränkt wer­den. Das Recht auf Schutz der per­so­n­en­be­zo­ge­nen Dat­en ist aber kein uneingeschränk­tes Recht. Es muss im Hin­blick auf seine gesellschaftliche Funk­tion gese­hen, und unter Wahrung des Ver­hält­nis­mäßigkeit­sprinzip, gegen andere Grun­drechte abge­wogen wer­den. Wenn die Inter­essen oder die Grun­drechte und Grund­frei­heit­en der betrof­fe­nen Per­son nicht über­wiegen, beste­ht ein berechtigtes Interesse. 

Bei der Fest­stel­lung, ob ein berechtigtes Inter­esse vor­liegt oder nicht, sind die vernün­fti­gen Erwartun­gen der betrof­fe­nen Per­son, die auf ihrer Beziehung zu dem Ver­ant­wortlichen beruhen, zu berück­sichti­gen. Ein berechtigtes Inter­esse kann vor­liegen, wenn die betrof­fene Per­son Kunde des Ver­ant­wortlichen ist oder in seinen Dien­sten ste­ht. Es kann auch vor­liegen, wenn ein Betrug ver­hin­dert wer­den soll. Häu­fig beste­ht das berechtigte Inter­esse darin, dass eine Partei eines Rechts­geschäftes eine durch­set­zbare fäl­lige Schuld­verpflich­tung nicht (§271a BGB) erfüllt. Ob ein berechtigtes Inter­esse vor­liegt und damit eine Ermit­tlung möglich ist oder aber die Grun­drechte und Grund­frei­heit­en ein­er Per­son über­wiegen, muss oft im Einzelfall entsch­ieden wer­den. Hier­für einige Beispiele unseres Berufsalltags:

Eine Per­son hat Waren von einem Verkäufer bezo­gen und die zuge­sendete Rech­nung nicht bezahlt. Mah­nun­gen kön­nen postal­isch nicht zugestellt wer­den. Die VerkäuferIn möchte daraufhin eine Detek­tei mit der Adresser­mit­tlung beauf­tra­gen, um die offene Forderung einzutreiben.
Berechtigtes Inter­esse beste­ht. Das berechtigte Inter­esse beste­ht hier in Begle­ichung (Bezahlung) der Ware, sowie in der ver­traglichen Erfül­lung gemäß DSGVO Artikel 6 lit. b.

Eine Per­son hat von ein­er Bank einen Kred­it erhal­ten, um ein Auto zu kaufen. Nach einiger Zeit bezahlt sie die Zins­forderun­gen der Bank nicht mehr. Anschreiben der Bank kom­men mit dem Ver­merk „Empfänger ver­zo­gen“ zurück. Die Bank möchte die neue Adresse ermit­teln lassen, um ihre Forderun­gen durch­set­zen zu können.
Ein berechtigtes Inter­esse liegt vor. Bei­de Parteien sind eine Geschäfts­beziehung einge­gan­gen, wobei eine Partei ihrer Schuld­verpflich­tung nicht nachkommt.

Eine Tochter ent­deckt, dass ihr Vater ein­er Inter­net­bekan­ntschaft größere Geld­sum­men über­wiesen hat. Sie ver­mutet, dass ihr Vater auf eine Heiratss­chwind­lerin (Romance Scam­ming oder auch Love Scam­ming) hereinge­fall­en ist. Sie möchte die Betrügerin über­führen, doch ihr Vater glaubt daran, seine große Liebe gefun­den zu haben.
Es beste­ht kein berechtigtes Inter­esse. Der Auf­trag darf von der Tochter als Ver­ant­wortlich­er für die Ermit­tlung nicht zus­tande kom­men. Der Vater selb­st darf die Ermit­tlung in Auf­trag geben, sobald er Anhalt­spunk­te dafür find­et, ein Betrug­sopfer gewor­den zu sein und diese glaub­haft dar­legen kann.

Ein Ehe­mann ver­mutet Betrug (Ehe­bruch), da ihm Bekan­nte erzählt haben, dass seine Ehe­frau mit einem frem­den Mann in ein­deutiger Sit­u­a­tion in ein­er Bar angetrof­fen wurde und möchte eine Detek­tei mit Ermit­tlun­gen beauftragen.
Berechtigtes Inter­esse beste­ht. Es gibt konkrete Ver­dachtsmo­mente auf ehe­liche Untreue, welche die Ver­hält­nis­mäßigkeit wahren: z.B. dass die Ehe­frau fremdge­ht, da eine Bekan­nte sie mit einem Anderen in ein­er ein­deuti­gen Sit­u­a­tion gese­hen hat.

Ein Man­dant möchte wis­sen, ob seine Ex-Fre­undin in ein­er neuen Beziehung ist, da er schon lange nichts mehr von ihr gehört hat. Er möchte eine Detek­tei beauf­tra­gen, um aktuelle Fotos und eine Doku­men­ta­tion ihrer Gewohn­heit­en zu erhalten.
Es liegt kein berechtigtes Inter­esse vor, da die bei­den in kein­er Art Rechts­beziehung ste­hen. Ein Auf­trag darf in diesem Fall nicht zus­tande kom­men. Anders kön­nte hier entsch­ieden wer­den, wenn die Fre­undin beim Auszug aus der gemein­samen Woh­nung Eigen­tum des Man­dan­ten entwen­det hätte.

Der Sohn hat keinen Kon­takt zu sein­er Mut­ter und möchte ermit­teln lassen, wie hoch sein Erbe aus­fall­en würde, wenn seine Mut­ter ver­ster­ben würde. Er möchte mit Hil­fe ein­er Ermit­tlung die Frage beant­worten, ob er das Erbe im Erb­fall ablehnen sollte.
Es liegt kein berechtigtes Inter­esse vor. Erst wenn im Erb­fall die Recht­snach­folge ein­tritt, beste­ht ein berechtigtes Inter­esse an ein­er Ermittlung.

An diesen Beispie­len wird deut­lich, warum einige Fälle einen zweit­en Blick wert sind, wenn man das berechtigte Inter­esse fest­stellen muss. Oft entschei­det eine Nuance in der Aus­gangslage, ob ein Fall daten­schutzrechtlich für eine Ermit­tlung legit­imiert ist. Immer gilt:

Eine Detek­tei darf in Deutsch­land nur tätig wer­den, wenn vom Auf­tragge­ber ein glaub­haftes und recht­skon­formes berechtigtes Inter­esse beste­ht. Maßgebend ist, dass der Auf­tragge­ber ein schutzwürdi­ges, berechtigtes Inter­esse an der Durch­führung der Detek­tiv­maß­nahme hat.